Abgestellt am Wegrand: Lebensquell ... Lebensborn ... ©dsk
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Fundstücke. Aus meinem Lebensborn-Universum
 

Wenn man sich – wie ich – ein Vierteljahrhundert mit dem Lebensborn beschäftigt, entwickelt man einen „Blick“. Hier ein paar Beispiele aus der
letzten Zeit. 
Am Wegrand hat jemand eine leere Glasflasche abgestellt, auf dem Etikett prangt das Wort „Lebensquell“. „Lebensquell“ - „Lebensborn“ ... eine logische Assoziation, „born“ bedeutet schließlich nichts anderes als Quelle oder Brunnen. Beim näheren Hinsehen stellt sich heraus: „Lebensquell“ ist ein Mineralwasser aus einer ganz besonderen Quelle. Also: Ein „exquisites“ Produkt für „qualitätsorientierte Kunden“, wie die Webseite des Herstellers verkündet. Die „qualitätsorientierten Kunden“ lassen sich ihr Mineralwasser auch etwas kosten: 1,29 und 1,49 pro Liter!
Bei einer Wanderung in der Vulkaneifel führt der Weg an einer Quelle vorbei. Auf der Einfassung steht die Jahreszahl „1932“, darunter der Name „Hartborn“.  „Hartborn“ – „Lebensborn“ - das Wort „Born“ ist damals offenbar geläufig. Mein erster Gedanke: Hartes Wasser … wie das „Hart“ in Hartmut oder Hartwig, beliebten Lebensborn-Kinder-Namen. Tatsächlich bedeutet „Hartborn“ nur: Die Quelle liegt an einem bewaldeten Hang (=hardt). Das Wasser schmeckt übrigens überraschend salzig.
In der Berliner „Secessionen“-Ausstellung (2023) hing ein Gemälde des belgischen Malers Léon Frédéric, aus dem Jahr 1890. Ein voyeuristisches Werk, das viele kleine gutgenährte nackte Kinder zeigt - die meisten übrigens blond! Sie spielen in einem Bach, der über dicke Steine herunterrauscht. Der Titel „Die Quelle des Lebens“. Auch hier die Verbindung von Wasser und Leben, aus dem dieses schließlich gekommen ist und aus dem wir zu mehr als der Hälfte bestehen. Dazu kommt jetzt die Verbindung mit kleinen, nackten = unschuldigen Kindern. Auch sie stehen für das Leben – das meinte ja auch der „Lebensborn“.

Bei der Durchsicht meiner Bücher finde ich ein schmales Bändchen, das ich komplett vergessen hatte: Es ist ein Kalender für das Jahr 1927, der Titel „Lebensborn. Ein Jahresweiser für innere Erneuerung“. Vor ewigen Zeiten erstanden, durchgeblättert, weggestellt, vergessen. Gekauft habe ich es damals als Beleg dafür, dass das Wort „Lebensborn“ nicht erst mit der SS-Organisation, also 1935, erfunden wird. Auf meine Ausgabe des Kalenders – es ist die erste - folgen vierzehn weitere, 1941 ist dann Schluss. Dem Verlag und dem Schriftleiter wurde die Verwendung des Wortes „Lebensborn“ untersagt. Dabei passen Inhalt, Gestaltung und Gesinnung des Kalenders von Anfang an zum „Lebensborn e.V.“ – also auch schon vor 1933. Und hier ist nicht mehr von Wasser die Rede – sondern von einem ganz anderen Stoff. Auf den ersten Blick blättert man sich durch harmlose Lieder und Gedichtchen, dumme Sinnsprüche („Wo Frauen lieben den Spiegel, da hassen sie den Tiegel“) und plakativ-rustikale Holzschnitte. Auf den zweiten liest man Texte, in denen es um „Rassenverbesserung“ oder „Volksaufartung“ geht, die erklären, warum eine Ehe nur mit einem (makellosen) Gesundheitszeugnis geschlossen werden sollte oder wie sich Ehen im Krieg verändern. Das ist schon NS-Sprache – und NS-Denke, bereits 1927ff.
Und wieder der Gedanke: Die schwarze, todbringende, mörderische Schutzstaffel, die SS, präsentiert sich mit dem „Lebensborn“ als Quell des Lebens! Eine der Absurditäten der deutschen Geschichte.

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