Pflichtjahrmädchen im "Heim Schwarzwald" 1944 ©dsk
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Wer? Wo? Was? Wie viele?
Lebensborn-Hilfskräfte
 

Neulich schickte mir Kåre Olsen - ein norwegischer Kollege – ein Dokument. Es war eine Liste, auf der aufgeführt wurde, wer 1943 für den Lebensborn in Norwegen gearbeitet hatte. In der Osloer Zentrale waren es 47 Personen, in den Heimen 47 deutsche Angestellte und viele norwegische „Hilfskräfte“, und zwar 92 Frauen und 23 Männer. Wer sie waren, welche Aufgaben sie hatten, ging aus der Liste nicht hervor. Sie nannte – anders als bei den deutschen MitarbeiterInnen - nicht einmal ihre Namen.

Frage: Wie hatte es eigentlich in den deutschen Lebensborn-Heimen ausgesehen?
Gab es dort neben den regulär Angestellten auch mehr als doppelt so viele „Hilfskräfte“?
Laut einer „Personalaufstellung“ für den 1.10.1939 arbeiteten zum Beispiel im „Heim Friesland“: Ein Arzt, eine Sekretärin, acht Schwestern – dazu gehörten offenbar auch die Oberschwester und die Hebamme. In „Haus und Küche“ neun Personen (Köchin, Beschließerin, Haus- und Küchenmädchen, Wäscherin, Näherin). Schließlich sechs „männliche Mitarbeiter“ (Verwalter, Hausmeister, Heizer, Gärtner, Maschinenmeister, Fahrer) und vier „Hilfsarbeiter“. Macht 25 Angestellte mit klaren Arbeitsfeldern – und die vier „Hilfsarbeiter“, über die nichts weiter vermerkt ist.
Ein Album (aus der Sammlung Liebig!) enthält viele Fotos von jungen Frauen – eindeutig keine Mütter, keine Schwestern. Auf einem drängen sie sich lachend und schäkernd auf der Terrasse von „Heim Friesland“ – fast alle tragen ihre private Kleidung. Ein anderes Foto zeigt eine Ankunftsszene: Vier klettern strahlend aus einem Bus, das Begrüßungskommando ist nicht weniger fröhlich. Nicht ganz so jung und übermütig wirkt eine Frauengruppe, die sich neben einem Pkw versammelt hat.
Diesmal tragen fast alle die gleichen Kleider mit auffälligen weißen Kragen. Ihre Arbeitskluft vermutlich. Wer waren diese jungen Frauen?
Vielleicht „Pflichtjahrmädchen“? Seit 1938 hatten unter 25jährige zwischen Schule und Berufsausbildung ein „Pflichtjahr“ abzuleisten. Tatsächlich vermerkt die oben erwähnte „Personalaufstellung“ - zwei „Pflichtjahrmädchen“. Übrigens war die Tochter von Gregor Ebner (Vorstandsmitglied und leitender Arzt des Lebensborn) ein Jahr lang als Pflichtjahrmädchen in „Heim Friesland“. Wären die Fotos schärfer, könnte man sie vielleicht unter den jungen Frauen auf der Terrasse ausmachen. Und die übrigen? Vielleicht „Arbeitsmaiden“, also jungen Frauen im weiblichen Arbeitsdienst? Der stand seit 1939 für 18- bis 25jährige auf dem Programm, wenn sie ihre Ausbildung beendet hatten. Auf „Arbeitsmaiden“ in „Heim Friesland“ gibt es keinen Hinweis.
Tatsächlich gehörten die meisten jungen Frauen zum „freiwilligen Frauenhilfsdienst“, den die NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) ins Leben gerufen hatte. Die „Personalaufstellung“ nennt für Oktober 1939 die Zahl sechs! Auf den Fotos sind allerdings deutlich mehr junge Frauen zu sehen …
Wie auch immer: Ilse B., von der das Album stammt, hat drei Jahre „freiwilligen Frauenhilfsdienst“ absolviert, zuerst beim Lebensborn, dann in einem Säuglingsheim für deutsche Umsiedler in Polen. Ihre Fotos geben auch Hinweise darauf, wo die „Freiwilligen“ eingesetzt waren: in der Küche und der Waschküche, beim Putzen, im Garten – und bei der Versorgung der größeren Kinder. Sie waren so etwas wie „Mädchen für alles“! Gegen Kost und Logis und - vermutlich – Taschengeld.
In anderen Lebensborn-Heimen, zum Beispiel in „Heim Hochland“, gab es noch billigere „Hilfskräfte“ – Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge! Darüber mehr im nächsten Blog.

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