
Dsa Mahnmal für 123 "frühverstorbene" Kinder von ZwangsarbeiterInnen ©dsk
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"Ausländerkinder-Pflegestätten": Orte des Todes |
Das Mahnmal solle an 123 „frühverstorbene Kinder von Zwangsarbeiter_innen in Berlin-Buch“ erinnern, hieß es auf einer Tafel. Zu Tode gekommen wegen „Mangelversorgung und Infektionskrankheiten“ in Lagern und Krankenhäusern. Seit der Begegnung mit diesem Ort beschäftigen mich die toten Kinder. Kinder von Frauen und Männern, die seit 1940 zur Arbeit ins Deutsche Reich gezwungen wurden. Sie stammten aus Polen und der Sowjetunion, aus Frankreich und den Niederlanden, aus Kroatien, Ungarn … Der NS-Staat brauchte Arbeitskräfte, vor allem in der Rüstungsindustrie und in der Landwirtschaft. Viele Arbeitskräfte, So absurd und gleichzeitig nachvollziehbar: Nähe, Sex und Liebe entwickeln sich Doch auch diese ´Strategie´ hatte nicht die gewünschte Wirkung. Trotz allem kamen mindestens 100 000 Kinder („ausländische Geburten“) zur Welt, die tatsächliche Zahl liegt wohl deutlich darüber. Viele Babys wurden in ZwangsarbeiterInnen-Lagern geboren, einige Frauen entbanden im Krankenhaus (getrennt von den deutschen Patientinnen) oder auf dem Bauernhof, auf dem sie arbeiten mussten. Zehn, zwölf Tage durften Mutter und Kind zusammenbleiben, dann mussten die Frauen ihr Baby abgeben und auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Die Kinder landeten in einer „Ausländerkinder-Pflegestätte“ – Manchmal war es nur eine Wellblechhütte oder eine leerstehende Scheune. Manchmal gab es kein Wasser, keinen Strom, keine ausreichende Heizung. Häufig hatten die Frauen, die dort arbeiten mussten (meist ebenfalls Zwangsarbeiterinnen), keine Erfahrung mit Säuglingspflege. Immer gab es zu wenig Nahrung – die falsche oft noch dazu. Immer fehlten Windeln und Jäckchen, Badewannen, Betten, Strohsäcke … Immer war die medizinische Versorgung mangelhaft. Und immer fehlte die Zuwendung! Mütter/Eltern durften ihre Kinder höchstens alle 14 Tage besuchen, für wenige Stunden. Himmlers ´Rassespezialisten´ konnten sich übrigens vorstellen, „gutrassige“ Kinder von Polinnen, „Ostarbeiterinnen“ oder Frauen im „freiwilligen Arbeitseinsatz“ dem Lebensborn zu übergeben. Als ersten Schritt zu ihrer „Germanisierung“. Ob dies tatsächlich geschehen ist, weiß ich allerdings nicht.
Viele Informationen habe ich in dem neuen Buch von Marcel Brüntrup gefunden: „Zwischen Arbeitseinsatz und Rassenpolitik. Die Kinder osteuropäischer ZwangsarbeiterInnen und die Praxis der Zwangsabtreibungen im Nationalsozialismus“. Auf Fotos und Dokumente stieß ich im Katalog des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit Berlin-Schöneweide „Alltag Zwangsarbeit“. |