Kleine Straßen, schöne Alleen, viele waghalsige Autofahrer ©dsk
Beim Kick aufs Bild gibts mehr



Dreimal Ostsee im Jahr ...
 

… schließlich will ich das Baltische Meer einmal umrunden, da muss ich mich ranhalten! Jetzt fehlt nur noch der Bottnische Meerbusen. Diesmal ist Rügen dran, der nördlichste, östlichste Zipfel. Im Spätherbst.

Auf vielen Wegen sind wir mutterseelenallein, herrlich. Die Kehrseite: die kleinen Orte sind zur Hälfte geschlossen. Die Insulaner wollen schließlich auch mal Urlaub machen!
Lohme, unser Ausgangspunkt, liegt nur einen Fußmarsch von den berühmten Kreidefelsen entfernt. Entweder läuft man direkt am Wasser entlang, über den Steinstrand. Oder oberhalb der ersten Baumreihe. Oder noch weiter oben, mitten
durch den herbstlichen Buchenwald (Welt-Naturerbe). Wir wechseln die Höhenlagen,
mal liegt das Meer tief unten, der Horizont präsentiert eine Galerie von Windrädern
und Arbeitsschiffen. Laufen wir tiefer, verschiebt sich die Perspektive, nun scheint sich das Meer zu wölben und die Füße der Windräder zu verschlucken. In der Bildmitte kommt eine Fähre vorbei, Richtung Sassnitz, zum Fährhafen. Von dort kann man nach Bornholm übersetzen, nach Ystad, nach Trelleborg …
Der Küstenweg in die andere, die nord-östliche Richtung interessiert uns mehr.
Hier ist die Natur wilder und interessanter. Hier müssen wir uns auch mal unter umgestürzten Bäumen bücken oder durch Matsch waten. Hier treffen wir einen Fuchs und einen Hasen. Und der seltene Riesen-Schachtelhalm steht noch, hüfthoch.
Später lesen wir, dass der schmale Küstenstreifen ein eigenes Biotop ausgebildet hat, im Frühling findet man hier zum Beispiel kleine Orchideen.
Von Lohme ins „Landesinnere“ geht’s hügelauf - zum Lohn gibt’s einen feinen Rundblick. Im Westen sehen wir: den Großen Jasmunder Bodden, dahinter einen Landstreifen, genannt Lebbin, dann noch mal Wasser, nochmal Land – und bei Supersicht ist sogar der Leuchtturm von Hiddensee erkennbar. Den entdecken wir allerdings erst, als uns eine Einheimische darauf aufmerksam macht. Im Norden liegt Kap Arkona mit seiner Steilküste und dem Leuchtturm, der Tag und Nacht aktiv ist.
Im Osten, weit weg von der Insel, die Windradparade, die wir – schon ganz einheimisch – einem ortsunkundigen Busfahrer erklären können. Nein, da liegt nicht der verhasste LNG-Anleger … den kann man von Lohme aus zum Glück nicht zu sehen.
Was bleibt? Kap Arkona. An der weit geschwungenen Bucht des Tromper Wiek (Sandstrand vom Feinsten und ein kleiner Kiefernwaldstreifen) geht’s per Auto oder Bus bis Putgarten, danach zu Fuß weiter. Direkt auf die beiden Leuchttürme zu,
den kleinen hat Schinkel höchstpersönlich entworfen. Eine exponierte Lage, die auch schon die Westslawen zu nutzen wussten. Hier stand bis ins 12. Jahrhundert ihre letzte Tempelburg, dem Gott Swantevit geweiht. 1168 wurde sie von Dänen zerstört –
dem Burgwall, der heute noch existiert, gibt die Klimaveränderung langsam aber sicher den Rest. Im letzten Sturm Anfang November sind etwa 15.000 Kubikmeter Lehm, Kreide, Sand und Gestein Richtung Meer gestürzt.
Übers Wasser sehen wir unseren Ausgangspunkt, Lohme und seinen Hafen – und Wolken von Westen, die einen Wetterwechsel ankündigen. So ist das im Herbst, so ist das am Meer.

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